Sind Reformschulen auf der Überholspur?
Ist die Regelschule im staatlichen Schulsystem mit Frontalunterricht "eine Schule von gestern"? Der Zulauf an Schulen und Internaten mit reformpädagogischem Ansatz steigt. Waldorf- und Montessori-Schulen sind für viele Eltern eine vielversprechende Alternative.
Das deutsche Schulsystem ist, besonders nach den PISA-Studien, in heftige Kritik geraten. Viele Eltern wünschen sich eine Alternative zu Frontalunterricht und starrem Umsetzen des Lehrplan.
Reformpädagogik vertritt einenen anderen Ansatz und verspricht ganzheitlichere Bildung und Entwicklungsförderung. Ansätze der Reformpädagogik nach Rudolf Steiner, wie in der Walddorfpädagogik, oder Maria Montessori finden sich von Kindergärten bis Gymnasien. Internate bieten die Möglichkeit der Umsetzung dieser pädagogischen Konzepte über die Schulalltag hinaus.
Bildung neu gedacht
Im Gegensatz zu traditionellen Lehrmethoden öffentlicher Schulen legt die Reformpädagogik einen starken Fokus auf die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler. Internate, die reformpädagogische Ansätze integrieren, setzen auf eine ganzheitliche Entwicklung, bei der nicht nur das Wissen im Vordergrund steht, sondern auch die Entfaltung der Persönlichkeit. Hierbei spielt die Mitbestimmung der Schülerinnen und Schüler eine bedeutende Rolle. Freie Schulstrukturen, projektorientiertes Lernen und die Förderung von sozialen Kompetenzen sind charakteristische Merkmale reformpädagogischer Internate.
Durch den interaktiven Unterricht und die Einbindung moderner Lehrmethoden wird nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch die Freude am Lernen gefördert. Reformpädagogische Ansätze tragen somit dazu bei, dass Internate zu lebendigen Bildungseinrichtungen werden, in denen Schülerinnen und Schüler ihre Talente entfalten und eigenverantwortlich agieren können.
„Der Rhythmus ist wichtig“ – Die Waldorf-Pädagogik
Die Waldorf-Pädagogik nach Rudolf Steiner ist die wahrscheinlich bekannteste Form der Reformpädagogik. Im Vordergrund steht hier die gleichberechtigte Förderung von künstlerischen, praktischen und intellektuellen Fähigkeiten der Schüler. Der Lehrer soll nicht nur Fachwissen weitergeben, sondern den Schüler als Bezugsperson in seiner Entwicklung begleiten.
Der Unterricht ist, nach Steiners Pädagogik, rhythmisiert. Tages- und Wochenrhythmus spielen, genau wie die Jahreszeiten, eine wichtige Rolle. Auch Rituale des Schullebens verfolgen einen Rhythmus. Dazu gehören gemeinsames Sprechen, Singen, Tanzen, Gehen oder die Begrüßung jedes Kindes durch den Klassenlehrer. Zum ganzheitlichen Modell der Waldorfschüler gehört auch, dass der Lehrer keine Noten vergibt. In der Waldorf-Pädagogik spielen vielmehr verbale Beurteilungen eine Rolle.
Waldorfschulen und Waldorfinternate
Waldorfschulen sind anerkannte Ersatzschulen und mittlerweile weltweit verbreitet. Kinder werden aufgenommen, wenn das Kind, nach Einschätzung von Eltern, Erziehern und Lehrern, „reif" für die Anforderungen der Schule ist. Sie durchlaufen zwölf Schuljahre. Sitzenbleiben gibt es auf der Waldorfschule nicht. Neben sachbezogenem Unterricht wird viel wert auf einen vielseitigen künstlerischen und handwerklichen Unterricht gelegt.
Vereinzelt gibt es auch Waldorfinternate. Hier soll zeitgemäße Erziehung vermittelt werden, ganz nach der Waldorf-Pädagogik. Eine kleine Schüleranzahl der Internate ermöglicht ein hohes Maß an individueller Förderung für jeden einzelnen. Eine familienähnliche Wohngruppe und ein umfangreiches Freizeit- und Förderangebot prägt das Internatsleben.
„Hilf mir, es selbst zu tun“ – Die Montessori-Pädagogik
Die Montessori-Pädagogik beruht auf der ganzheitlichen Beobachtung des Kindes, dessen Individualität und Entwicklung im Mittelpunkt steht. Die Kinder sollen „frei“ lernen, der herkömmliche Frontalunterricht soll vermieden werden. Die Idee dabei ist, dass die Kinder durch eigene Motivation, Lust auf Lernen bekommen. Oft werden die Schüler altersgemischt unterrichtet. Die Jüngeren sollen so von Älteren profitieren und umgekehrt.
In der sogenannten „Freiarbeit“ bestimmen Schüler, wie sie die Zeit sinnvoll nutzen möchten. Ob Rechnen, Zeichnen, Schreiben oder Erdkunde – der Schüler entscheidet selbst, wie er die freie Zeit sinnvoll ausnutzen möchte. In der Montessori-Pädagogik lernt das Kind in Eigenverantwortung und hat das Recht auf Spontanität und freie Entfaltung.
Montessori-Internate und Montessori-Schulen
Montessori-Schulen befinden sich meist in freier Trägerschaft und sind offiziell als Ersatzschulen anerkannt. Die meisten Montessori-Schulen können von der ersten bis zur 10.Klasse besucht werden. Nach der Abschlussprüfung können sie eine Ausbildung oder eine weiterführende Schule anstreben. Beim Wechsel auf das Gymnasium oder die Realschule müssen die Schüler eine Aufnahmeprüfung ablegen.
Montessori-Internate verfolgen die gleichen pädagogischen Ansätze, allerdings ist die Anzahl der Montessori-Internate, im Gegensatz zu den Tagesschulen, relativ gering. Wer sich dennoch für ein Montessori-Internat entscheidet, findet vor allem ein sehr intensives und familiäres Zusammenleben vor. Gemeinsame Unternehmungen und die freie Entwicklung der Kinder in ihrer Eigenart werden gefördert.
Zinzendorfschulen
Königsfeld, Baden-Württemberg
Die Zinzendorfschulen Königsfeld gehören zu den größten staatlich anerkannten Internatsschulen in Süddeutschland. Seit mehr als 200 Jahren prägen Weltoffenheit und christliche Werte das traditionsreiche Zinzendorfinternat in evangelischer Trägerschaft, das die Schüler auf ihrem Weg zu Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein mit einem ganzheitlichen pädagogischen Ansatz in familiärem Miteinander begleitet. Die Schüler profitieren von kleinen Klassen, individueller Betreuung, einer starken Schulgemeinschaft und einem vielfältigen Freizeitangebot. Es stehen 10 Schularten mit allen allgemeinbildenenden sowie mehreren beruflichen Abschlüsse zur Wahl.